© Sascha Erni 2012
Seit 2010 arbeiten der Regisseur Philip Bartels und die Pianistin Simone Keller kontinuierlich zusammen und leiten seit 2014 gemeinsam das Künstler-Kollektiv ox&öl, das Projekte im experimentellen Musiktheaterbereich und partizipative Vermittlungsangebote für und mit Kindern mit Migrationshintergrund oder Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen organisiert und durchführt. In den letzten Jahren hat ox&öl beispielsweise eine generationenübergreifende Musikwerkstatt für Kinder und Seniorinnen und Senioren in der Zürcher Tonhalle und im Grossen Saal des KKL Luzern lanciert, ein Sprechmusiktheater mit konkreter Poesie für Kinder und Erwerbslose, einen Kompositionskurs mit einer Integrationsklasse und verschiedene Workshops in Zusammenarbeit mit Pro Juventute, ausserdem eine interaktive Aufnahme-Installation im Zürcher Radiostudio in Zusammenarbeit mit Ruedi Häusermann und die interdisziplinären Musiktheater-Projekte „Dinge, die man hin und wieder systematisch tun sollte“ und „Ich denke oft an die Menge Rindfleisch, die notwendig ist, um aus dem Genfersee eine Fleischbrühe zu machen“ gemeinsam mit dem Medienkünstler Marcel Zaes, die beide im Zürcher Architekturforum 2015 und 2016 gezeigt wurden.
ox&öl hat 2014 das Kukuruz Quartett für vier wohlpräparierte Einhandklaviere gegründet, das seither unter anderem in dem Musiktheaterstück „piano forte“ von Ruedi Häusermann am Schauspielhaus Zürich zu sehen und hören war, eine Konzert-Tour durch Clubs, Bars und Bier-Brauereien in Amsterdam gespielt hat, in den Roten Salon der Berliner Volksbühne eingeladen wurde und eine Konzertreihe in den Zürcher Clubs Exil und Hive spielte. Das Kukuruz Quartett korrepetierte den Zürcher Flüchtlings-Chor von Christoph Homberger, gastierte an der Documenta in Athen und wird 2018 eine Einspielung mit Musik von Julius Eastman bei Intakt Records veröffentlichen und damit unter anderem auf einer Tournée durch Südamerika zu hören sein.
ox&öl wurde 2017 mit dem Anerkennungspreis der Fachstelle für Kultur des Kantons Zürich im Bereich der kulturellen Teilhabe ausgezeichnet und wurde ebenfalls 2017 aufgrund seiner „richtungsweisenden Vermittlungsarbeit“ für den „Junge Ohren Preis“ in Frankfurt am Main nominiert. Aus der Jury-Begründung: „Das kleine Künstlerkollektiv ist hochflexibel und entwickelt im Wechsel mit anderen Ensembles und Musiker/innen ein überzeugendes nachhaltiges Programm.“
Aus der Laudatio der Fachstelle Kultur des Kantons Zürich (2017):
„Die Mittel, welche Philip Bartels und Simone Keller einsetzen, sind zur Hauptsache jene, welche die Menschen mitbringen, mit denen sie zusammenarbeiten. Das klingt selbstverständlich, das macht jeder Regisseur und jede Dirigentin ja genauso. Aber bei ox&öl ist es anders, radikaler. Obwohl auch sie professionelle Musiker engagieren, stehen im Mittelpunkt ihrer Projekte Menschen, die nicht danach ausgewählt wurden, dass sie eine spezifische künstlerische Ausbildung oder Begabung mitbringen: Es sind ganz einfach Kinder, Senioren, Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung, falls es so etwas überhaupt gibt. Bartels und Keller schaffen nun aber ein Terrain, auf dem auch scheinbar unbedeutende Fähigkeiten zum tragenden Bestandteil wer-den können. Was in anderem Zusammenhang vielleicht unangebracht, unkoordiniert oder unperfekt wirken könnte, darf sich hier zu einer unverzichtbaren Einzigartigkeit entfalten.“
Aus einer Würdigung des Stiftungsrates der STEO-Stiftung (2015):
„Das Duo Simone Keller und Philip Bartels engagiert sich seit Jahren für eine nachhaltige Musikarbeit mit Kindern und Jugendlichen, phantasievoll, einfühlsam und mit langem Atem.
Die grossartigen Künstler Simone Keller als Pianistin und Philip Bartels als universell begabter Musiktheatermensch versuchen dabei immer wieder auch die Berührungsängste zu zeitgenössischer Musik abzubauen und aktuelle Innovationen in ihre pädagogische Arbeit zu integrieren.
Die Arbeit von ox&öl zielt nicht auf oberflächliche Präsentationen, sondern auf die Vermittlung stärkender musikalischer Grunderfahrungen, welche für die Persönlichkeitsentwicklung und das Zusammenleben entscheidend sind.“